News
Immer aktuell

Steuern A‑Z

Artikel zum Thema: Zeitausgleich

Große Ände­run­gen im Arbeits­zeit­ge­setz — Arbeits­zeit­fle­xi­bi­li­sie­rung ab September

Kate­go­rien: Klienten-Info

Sep­tem­ber 2018 

Mit 1. Sep­tem­ber 2018 kommt es zu umfang­rei­chen Ände­run­gen im Bereich des Arbeits­zeit­ge­set­zes. In die Schlag­zei­len schaffte es vor allem die Erhöhung der Maxi­mal­ar­beits­zeit auf 12 Stunden täglich bzw. 60 Stunden wöchent­lich. Für den Arbeit­ge­ber soll es nunmehr möglich sein, das Arbeits­zeit­vo­lu­men idealer an die Auf­trags­la­ge anzu­pas­sen — für Arbeit­neh­mer kann es zu einer besseren Ver­ein­bar­keit von Beruf und Freizeit bei­tra­gen. Wir haben die umfang­rei­chen Ände­run­gen nach­fol­gend über­blicks­mä­ßig dargestellt.

Aus­deh­nung der zuläs­si­gen Höchstarbeitszeiten

Die Nor­mal­ar­beits­zeit bleibt wei­ter­hin bei 8 Stunden täglich und 40 Stunden pro Woche. Schon bisher war die tägliche Höchst­ar­beits­zeit mit 10 Stunden begrenzt sowie die wöchent­li­che Ober­gren­ze mit 50 Stunden. Ab Sep­tem­ber werden diese Grenzen auf maximal 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche erhöht. Für Arbeit­ge­ber kommt es durch diese Ände­run­gen auch zur Ver­rin­ge­rung der Gefahr nach­träg­li­cher Ver­wal­tungs­stra­fen — die Gefahr bestand bisher selbst dann, wenn den die Mehr­stun­den leis­ten­den Dienst­neh­mern alle Bezüge inklu­si­ve kol­lek­tiv­ver­trag­lich fest­ge­leg­ter Über­stun­den­zu­schlä­ge bezahlt wurden.

Der rasche Gesetz­wer­dungs­pro­zess wurde mitunter von der Befürch­tung beglei­tet, dass jeder nunmehr immer 60 Stunden pro Woche arbeiten müsse. Wenn­gleich dies nicht der Fall ist, muss auch bedacht werden, dass die Nicht­an­wend­bar­keit des Arbeits­zeit­rechts auf bestimm­te Per­so­nen­grup­pen gesetz­lich neu defi­niert wurde. Nicht vom Arbeits­zeit­ge­setz umfasst sind grund­sätz­lich Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge des Arbeit­ge­bers und — in Form einer Neuerung — Arbeit­neh­mer, die der “dritten Füh­rungs­ebe­ne” ange­hö­ren. Neben der ersten und zweiten Füh­rungs­ebe­ne gelten diese Höchst­ar­beits­zeit­gren­zen nämlich auch nicht für Arbeit­neh­mer, die maß­geb­li­che selb­stän­di­ge Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se über­tra­gen bekommen haben. Als Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge gelten z.B. Eltern, voll­jäh­ri­ge Kinder, Ehe­part­ner usw. Das Arbeits­zeit­ge­setz und somit die Grenze der Höchst­ar­beits­zeit sind also auf beide Per­so­nen­krei­se nicht anzu­wen­den, wenn die gesamte Arbeits­zeit aufgrund der beson­de­ren Merkmale der Tätig­keit nicht gemessen oder nicht im Voraus fest­ge­legt oder (vom “Arbeit­neh­mer”) hin­sicht­lich Lage und Dauer selbst fest­ge­legt werden kann. Die Ausnahme vom Arbeits­zeit­ge­setz (nunmehr für einen wohl weitaus größeren Kreis) bedeutet, dass es keine Höchst­ar­beits­zeit gibt und der Arbeit­ge­ber grund­sätz­lich auch keine Über­stun­den samt Zuschlä­gen bezahlen muss. Aus­nah­men davon können freilich durch Kol­lek­tiv­ver­trag oder Ein­zel­ver­ein­ba­run­gen bestehen.

Die Aus­deh­nung der Höchst­ar­beits­zeit und die Bei­be­hal­tung der Nor­mal­ar­beits­zeit führen dazu, dass die wöchent­li­che Über­stun­den­an­zahl auf maximal 20 Stunden erhöht wird. Aller­dings darf die durch­schnitt­li­che Wochen­ar­beits­zeit inner­halb eines Durch­rech­nungs­zeit­raums von 17 Wochen 48 Stunden nicht über­schrei­ten. Der Kol­lek­tiv­ver­trag kann eine Ver­län­ge­rung des Durch­rech­nungs­zeit­raums auf bis zu 26 Wochen zulassen. Bisher betrug das zuläs­si­ge Kon­tin­gent an Über­stun­den 5 Stunden pro Woche und weitere 60 Stunden pro Kalenderjahr.

Arbeit­neh­mer können “Über-Über­stun­den” auch ablehnen

Die im Natio­nal­rat und im Bun­des­rat bis Mitte Juli beschlos­se­nen Geset­zes­än­de­run­gen bringen auch ein Ableh­nungs­recht für Arbeit­neh­mer mit sich. Über­stun­den können dann abge­lehnt werden, wenn durch diese Über­stun­den die Tages­ar­beits­zeit von 10 Stunden oder die Wochen­ar­beits­zeit von 50 Stunden über­schrit­ten würde. Eine Ableh­nung ist grundlos möglich und darf sich nicht negativ auf Entgelt oder Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten aus­wir­ken und auch nicht zu Ver­set­zung oder Kün­di­gung führen. Werden Über­stun­den gemacht, so kann der Arbeit­neh­mer bestim­men, ob die 11. und 12. Über­stun­de (am jewei­li­gen Tag) in Zeit­aus­gleich oder mit Geld abge­gol­ten werden soll.

Die Neue­run­gen ziehen nicht nur mögliche Ände­run­gen bei All-In-Ver­ein­ba­run­gen nach sich, sondern auch bei Gleit­zeit­ver­ein­ba­run­gen. Unter der Vor­aus­set­zung, dass u.a. Zeit­gut­ha­ben ganz­tä­gig und i.Z.m. einer wöchent­li­chen Ruhezeit ver­braucht werden können, ist künftig bei Gleit­zeit eine Nor­mal­ar­beits­zeit von 12 Stunden zulässig. Folglich ist bei Gleit­zeit in mehreren Wochen eine 4‑Tage-Woche möglich, da der Ver­brauch in Ver­bin­dung mit dem Wochen­en­de nicht aus­ge­schlos­sen ist. Wenn­gleich inner­halb dieses Gleit­zeit-Rahmens beim selbst­be­stimm­ten Arbeiten kein Über­stun­den­zu­schlag anfällt, so gelten über die 40 Stunden Nor­mal­ar­beits­zeit ange­ord­ne­te Über­stun­den jeden­falls als Über­stun­den. Zu beachten ist schließ­lich noch, dass bereits bestehen­de Gleit­zeit­ver­ein­ba­run­gen weiter gelten — ebenso Kol­lek­tiv­ver­trä­ge und Betriebs­ver­ein­ba­run­gen, sofern sie für den Arbeit­neh­mer güns­ti­ge­re Bestim­mun­gen beinhalten.

Ver­kürz­te tägliche Ruhe­zei­ten im Tourismus

Im Tou­ris­mus wird bei Betrie­ben mit “geteil­ten Diensten” (d.h. mit einer Unter­bre­chung von zumin­dest 3 Stunden zwischen den Diensten) durch die Neu­re­ge­lun­gen die tägliche Min­destru­he­zeit von 11 Stunden auf 8 Stunden redu­ziert. Dabei hat ein Aus­gleich durch Ver­län­ge­rung einer anderen täg­li­chen Ruhezeit (gege­be­nen­falls zu einem späteren Zeit­punkt) zu erfolgen.

Aus­nah­men von der Wochen­end- und Feiertagsruhe

Bei vor­über­ge­hend auf­tre­ten­dem beson­de­rem Arbeits­be­darf können durch Betriebs­ver­ein­ba­run­gen Aus­nah­men von der Wochen­end- und Fei­er­tags­ru­he gemacht werden. Dies ist maximal an 4 (nicht auf­ein­an­der fol­gen­den) Wochen­en­den oder Fei­er­ta­gen pro Arbeit­neh­mer und Jahr zulässig. In Betrie­ben ohne Betriebs­rat können solche Son­der­re­ge­lun­gen mit den ein­zel­nen Arbeit­neh­mern schrift­lich ver­ein­bart werden, wobei die Arbeit­neh­mer auch hier ein Ableh­nungs­recht ohne Angabe von Gründen besitzen.

Über­tra­gung von Zeitguthaben

Die mehr­ma­li­ge Über­tra­gung von Zeit­gut­ha­ben sowie von Zeit­schul­den in die nächsten Durch­rech­nungs­zeit­räu­me ist im Rahmen von Kol­lek­tiv­ver­trä­gen nunmehr möglich.

Bild: © Africa Studio — Fotolia