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Artikel zum Thema: Qualitativ

BASEL II — worauf Banken beim Rating achten

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Juni 2006 

“Mit Jah­res­be­ginn 2007 werden die neuen Stan­dards für die Risi­ko­be­wer­tung und Eigen­ka­pi­tal­aus­stat­tung der Banken — unter dem Schlag­wort “Basel II” bereits viel dis­ku­tiert — in der EU in Kraft treten.”

Das euro­päi­sche Par­la­ment hat die Richt­li­nie zu Basel II bereits abge­seg­net, nun folgt die Umset­zung in natio­na­les Recht. Derzeit befinden sich die Banken in einem Umstel­lungs­pro­zess, in dessen Verlaufe die neuen Vor­schrif­ten in den Kre­dit­ver­ga­be­pro­zess schritt­wei­se einfließen.

Unter dem Begriff “Rating” versteht man die Beur­tei­lung der Bonität eines Kre­dit­neh­mers auf Basis stan­dar­di­sier­ter qua­li­ta­ti­ver und quan­ti­ta­ti­ver Kri­te­ri­en durch Rating­agen­tu­ren oder Banken. Durch das Rating erhält der Kre­dit­ge­ber ein besseres Bild seines Ver­trags­part­ners, mit dem er in der Lage sein soll, die Kre­dit­kon­di­tio­nen ent­spre­chend zu gestalten.

Durch das Rating­ver­fah­ren wird der Kre­dit­ver­ga­be­pro­zess auch für den Kre­dit­neh­mer trans­pa­ren­ter. Es werden jene Faktoren ersicht­lich, die von der Bank bei Beur­tei­lung der Bonität als ent­schei­dend ange­se­hen werden. Das gibt dem Kre­dit­neh­mer die Mög­lich­keit zur Beein­flus­sung dieser Faktoren bzw. uU zur Ver­bes­se­rung seiner Verhandlungsposition.

Aus Sicht des Kre­dit­neh­mers ist es daher emp­feh­lens­wert sich mit dem Rating­pro­zess aus­ein­an­der zu setzen und mit ent­spre­chen­den Vor­be­rei­tungs­ar­bei­ten zu beginnen. Ziel soll sein, durch bewusste Steue­rung der ent­spre­chen­den Rating­kri­te­ri­en güns­ti­ge­re Kre­dit­kon­di­tio­nen zu erlangen. Vor­aus­set­zung für ein effek­ti­ves Boni­täts­ma­nage­ment ist die Kenntnis der von Bank zu Bank unter­schied­lich ein­ge­setz­ten und gewich­te­ten Kenn­zah­len bzw Kri­te­ri­en des Ratingprozesses. 

Die folgende Tabelle stellt für sechs öster­rei­chi­sche Groß­ban­ken die am häu­figs­ten im Rating­pro­zess zur Anwen­dung kom­men­den Kenn­zah­len dar:

  BA-CA Erste Bank Invest­kre­dit Oberbank ÖV AG Raiff­ei­sen
Eigen­ka­pi­tal­quo­te
x
X
x
x
x
x
Cashflow-Quote
x
 
x
 
 
x
Schuldentilgungsdauer
 
X
x
X
 
 
Zin­sen­de­ckung
 
 
 
x
x
x
Gesamt­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät
 
X
X
 
 
x
Umsatz­hö­he
x
X
x
 
 
 

Im Fol­gen­den wird die Berech­nung dieser Kenn­zah­len dar­ge­stellt und deren Aussage erläutert:

Eigen­ka­pi­tal­quo­te:

Stellt den pro­zen­tu­el­len Anteil des Eigen­ka­pi­tals am Gesamt­ka­pi­tal (Bilanz­sum­me) dar und gilt als Maßstab des “Risi­ko­puf­fers” in Krisenzeiten.

Eigen­ka­pi­tal * 100 

Gesamt­ka­pi­tal

Cashflow-Quote:

Setzt den Cashflow in Ver­hält­nis zur Betriebs­leis­tung bzw zu den Net­to­er­lö­sen und gibt Auskunft über die Fähig­keit eines Unter­neh­men, Mittel aus dem ope­ra­ti­ven Bereich zu erwirt­schaf­ten, die für Inves­ti­tio­nen oder zur Schul­den­til­gung zur Ver­fü­gung stehen.

(EGT + AfA1 — kal­ku­la­to­ri­scher Unter­neh­mer­lohn2) * 100

Gesamt­ka­pi­tal

Schul­den­til­gungs­dau­er:

Der Cashflow in Relation zu den Net­to­ver­bind­lich­kei­ten zeigt wie lange das Unter­neh­men (theo­re­tisch) benötigt, um seine Schulden zurückzuzahlen.

(Ver­zins­li­ches Fremd­ka­pi­tal — flüssige Mittel — Wert­pa­pie­re des Umlaufvermögens)

(EGT + AfA — kal­ku­la­to­ri­scher Unternehmerlohn )

Zin­sen­de­ckung:

Die Zin­sen­de­ckung zeigt den “Spiel­raum” eines Unter­neh­mens hin­sicht­lich Zins­ver­än­de­run­gen. Ein Faktor kleiner 1 bedeutet, dass das Unter­neh­men nicht in der Lage ist, die Fremd­ka­pi­tal­zin­sen aus den — im ordent­li­chen Geschäfts­be­trieb erwirt­schaf­te­ten — Mitteln zu decken und gilt als Warnsignal.

(EGT + AfA + Zin­sen­sal­do — kal­ku­la­to­ri­scher Unternehmerlohn)

Zin­sen­sal­do

Gesamt­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät:

Die Gesamt­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät liefert eine Aussage über die Ver­zin­sung des ein­ge­setz­ten Kapitals (Eigen- und Fremdkapital).

(EGT + Zins­auf­wand brutto — kal­ku­la­to­ri­scher Unter­neh­mer­lohn) * 100

(Bilanz­sum­me — erh. Anzah­lun­gen + stille Reserven + Leasingverpflichtungen)

Neben den Kenn­zah­len (“hard facts”) fließen noch die soge­nann­ten qua­li­ta­ti­ven Faktoren (“soft facts”), wie zB Person des Unternehmers/Managementfähigkeiten, Aktua­li­tät der Daten oder Bran­chen­ent­wick­lung in den Rating­pro­zess ein. Darüber hinaus wird bei nahezu sämt­li­chen Banken auch das tat­säch­li­che Über­zie­hungs­ver­hal­ten des Kunden berücksichtigt.

Durch ent­spre­chen­de (pro­ak­ti­ve) Infor­ma­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der Bank kann der Unter­neh­mer zumin­dest dafür sorgen, dass sein Rating die tat­säch­li­che Situa­ti­on des Unter­neh­mens wie­der­gibt. Dazu wird es in einigen Fällen nötig sein, das Rech­nungs­we­sen hin zu einem zeit­na­hen, lau­fen­den Con­trol­ling zu ent­wi­ckeln, um den ent­spre­chen­den Infor­ma­ti­ons­be­darf der Banken decken zu können. Eine gute Gesprächs­ba­sis mit dem zustän­di­gen Mit­ar­bei­ter der kre­dit­ge­wäh­ren­den Bank kann das Boni­täts­ma­nage­ment unterstützen.

Abschlie­ßend sei fest­ge­hal­ten, dass eine effi­zi­en­te Unter­neh­mens­pla­nung nicht nur die Unter­neh­mens­füh­rung erleich­tert, sondern auch dem Kre­dit­in­sti­tut die zukünf­ti­gen Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten des Unter­neh­mens besser aufzeigt. Vor dem Hin­ter­grund dieser Her­aus­for­de­run­gen sollte der Unter­neh­mer den Kontakt mit seinem Steuer- bzw Unter­neh­mens­be­ra­ter inten­si­vie­ren, um die ent­spre­chen­den Maß­nah­men recht­zei­tig umsetzen zu können.

Buchtip: Bonitz/Ostermann: Handbuch zur Rating­vor­be­rei­tung und Ratingverbesserung


1 Abset­zung­für Anlagen (Abschrei­bung)
2 zB bei Ein­zel­un­ter­neh­men bzw Personengesellschaften

Bild: © Cello Arm­strong — Fotolia