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Artikel zum Thema: Flat Tax

Rechts­form­wahl im Zuge der Steu­er­re­form 2004/2005

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Dezember 2004 

Die Rechts­form­wahl gehört zu den wich­tigs­ten, aber auch schwie­rigs­ten, unter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen. In den vor­an­ge­gan­ge­nen Ausgaben der Manage­ment-Info haben wir Ihnen die wich­tigs­ten Rechts­for­men über­sicht­lich dar­ge­stellt. Neben zahl­rei­chen anderen Kri­te­ri­en spielt hierbei die je nach Rechts­form unter­schied­li­che Steu­er­be­las­tung eine ent­schei­den­de Rolle. 

:: Steu­er­re­form 2004/2005

Ab 2004 werden nicht ent­nom­me­ne Gewinne bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten bis zu einer Höhe von € 100.000,- mit dem halben Durch­schnitts­steu­er­satz (maximal 25%) besteu­ert, sofern Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb oder Land- und Forst­wirt­schaft vor­lie­gen (§ 11a EStG). Für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten wird der Kör­per­schaft­steu­er­satz ab 2005 von 34% auf 25% abgesenkt. 

Mit der Steu­er­re­form 2004/2005 wurden also neue steu­er­li­che Rah­men­be­din­gun­gen geschaf­fen, die es für viele Unter­neh­men not­wen­dig machen, die ursprüng­li­che Wahl der Rechts­form kritisch zu hinterfragen. 

:: Rechts­form­wahl bei Voll­aus­schüt­tung: Per­so­nen­un­ter­neh­men oder Kapitalgesellschaft?

Bis 2004 unter­lie­gen Gewinne einer Kapi­tal­ge­sell­schaft, sofern sie in voller Höhe an natür­li­che Personen aus­ge­schüt­tet werden, einer Gesamt­steu­er­be­las­tung von 50,50% (34% Kör­per­schaft­steu­er zuzüg­lich 25% Kapi­tal­ertrag­steu­er auf den ver­blei­ben­den Net­to­ge­winn). Diese Belas­tung sinkt ab 2005 auf 43,75%.

Die Gesamt­steu­er­be­las­tung einer voll­aus­schüt­ten­den Kapi­tal­ge­sell­schaft stellt eine soge­nann­te “flat tax-rate” dar, die im Gegen­satz zur Ein­kom­men­steu­er unab­hän­gig von der Höhe des Gewinnes immer in selber pro­zen­tu­el­ler Höhe (ab 2005 43,75%) anfällt. Eine Steu­er­be­las­tung von 43,75% ergibt sich erst bei einem Ein­kom­men von € 134.640,- (“Break-Even-Point”) unter Berück­sich­ti­gung der ab 2005 gel­ten­den vier Tarif­stu­fen sowie eines Steu­er­sat­zes von 50% ab einem Ein­kom­men von € 51.000,-. Erst ab diesem Break-Even-Point ergibt sich bei voll­aus­schüt­ten­den Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten eine Gesamt­steu­er­be­las­tung, die unter jener eines Per­so­nen­un­ter­neh­mens liegt.

Steu­er­be­las­tung Kapitalgesellschaft bis 2004 ab 2005
Gewinn 100,00 100,00
KöSt (34% bzw 25%) -34,00 -25,00
Net­to­ge­winn 66,00 75,00
KESt (25%) -16,50 -18,75
Net­to­aus­schüt­tung 49,50 56,25
Gesamt­steu­er­be­las­tung 50,50 43,75

:: Rechts­form­wahl bei The­sau­ri­e­rung / nicht ent­nom­me­ner Gewinn: Per­so­nen­un­ter­neh­men oder Kapitalgesellschaft?

Gewinne einer Kapi­tal­ge­sell­schaft, die nicht aus­ge­schüt­tet werden, unter­lie­gen ab 2005 einer Kör­per­schaft­steu­er­be­las­tung in Höhe von 25%. Bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ist ab 2004 die begüns­tig­te Besteue­rung nicht ent­nom­me­ner Gewinne bis zu einem Höchst­be­trag von € 100.000,- p.a. (§ 11a EStG) zu berück­sich­ti­gen. Die Höchst­gren­ze gilt pro Betrieb und pro Person. Durch diese Bestim­mung wird der Vorteil für Per­so­nen­un­ter­neh­men erheb­lich erwei­tert. Eine Durch­schnitts­steu­er­be­las­tung von 25% wird unter Berück­sich­ti­gung des § 11a EStG erst bei einem Ein­kom­men von € 119.586,- (“Break-Even-Point”) erreicht.

Es ist jedoch zu beachten, dass die begüns­tig­te Besteue­rung nicht ent­nom­me­ner Gewinne nur bei Ein­künf­ten aus Gewer­be­be­trieb oder Land- und Forst­wirt­schaft vor­ge­nom­men werden kann. 

Liegen Ein­künf­te aus selb­stän­di­ger Arbeit im Sinne des § 22 EStG (z.B. frei­be­ruf­li­che Tätig­keit) vor, wird der “Break-Even-Point” bereits bei einem Ein­kom­men von € 27.688,- erreicht; bei Über­schrei­ten dieser Grenze ist bei Nicht­aus­schüt­tung der Gewinne die Rechts­form der Kapi­tal­ge­sell­schaft steu­er­lich vorteilhaft.

Voll­ent­nah­me Gewinn
Inan­spruch­nah­me Steu­er­be­güns­ti­gung
“maxi­ma­ler nicht ent­nom­me­ner Gewinn”
(§ 11a EStG) 
Gewinn
ESt
ESt in %
ESt
Steu­er­vor­teil
(§ 11aEStG)
ESt in %
30.000
7.930
26,4
50.000
16.649
33,3
70.000
26.585
38,0
100.000
41.585
41,6
150.000
66.585
44,4
200.000
91.585
45,8
300.000
141.585
47,2
400.000
191.585
47,9
500.000
241.985
48,3
3.965
3.965
13,2
8.325
8.325
16,7
13.293
13.293
19,0
20.793
20.793
20,8
44.390
22.195
29,6
68.689
22.896
34,3
117.988
23.598
39,3
167.637
23.948
41,9
217.427
24.159
43,5

:: Mehr­pe­ri­oden­ver­glei­che

Die Ent­schei­dung betref­fend die Rechts­form­wahl sollte nicht aus­schließ­lich auf Basis einer sta­ti­scher Ver­gleichs­rech­nung getrof­fen werden, die sich nur auf eine Periode bezieht. Folgende Punkte sollten bei der Rechts­form­wahl berück­sich­tigt werden:

  • Bei der Ver­äu­ße­rung von GmbH-Anteilen im Pri­vat­ver­mö­gen ist ein Ver­äu­ße­rungs­ge­winn steu­er­frei, wenn der Gesell­schaf­ter weniger als 1% und länger als 1 Jahr betei­ligt war. Steu­er­pflich­ti­ge Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne werden zum ermä­ßig­ten Steu­er­satz (halber Durch­schnitt­steu­er­satz) versteuert. 
  • Die Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne von Einzelunternehmen/Personengesellschaften sind stets steu­er­pflich­tig. Gege­be­nen­falls können Begüns­ti­gun­gen (Frei­be­trag, halber Durch­schnitt­steu­er­satz oder Ver­tei­lung des Gewinnes auf drei Jahre) zum tragen kommen.
  • Bei der Inan­spruch­nah­me der Begüns­ti­gung des § 11a EStG für nicht ent­nom­me­ne Gewinne ist zu berück­sich­ti­gen, dass es zu einer Nach­ver­steue­rung kommt, wenn — ent­nah­me­be­dingt — inner­halb von sieben Jahren ein Absinken des Eigen­ka­pi­tals eintritt. 
  • Bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten besteht die Mög­lich­keit, als nicht wesent­lich betei­lig­ter (<25%) Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer im Anstel­lungs­ver­hält­nis ein begüns­tigt besteu­er­tes 13. und 14. Gehalt (6%!) zu beziehen. 
  • Der unter­schied­li­che zeit­li­che Anfall der jewei­li­gen Steu­er­be­las­tun­gen ist durch die Ermitt­lung der Barwerte der Belas­tun­gen zu berück­sich­ti­gen (je später die Steu­er­zah­lun­gen ein­tre­ten desto größer ist der Vorteil).

Aus steu­er­li­cher Sicht ergibt sich, dass die Rechts­form der Kapi­tal­ge­sell­schaft für alle Tätig­kei­ten, die von der Begüns­ti­gung des § 11a EStG aus­ge­nom­men sind (z.B. Frei­be­ruf­ler), sowie für ertrag­star­ke Unter­neh­men (mit Jah­res­ge­win­nen von etwa € 150.000,- bis € 200.000,-), die ihre Gewinne über­wie­gend the­sau­rie­ren, beson­ders attrak­tiv ist.

Hin­zu­wei­sen ist selbst­ver­ständ­lich, dass neben den neuen (steu­er­li­chen) Rah­men­be­din­gun­gen durch die Steu­er­re­form 2004/2005 — wie schon in der Ver­gan­gen­heit — auch außer­steu­er­li­che Aspekte eine wesent­li­che Rolle spielen. Diese betref­fen ins­be­son­de­re folgende Bereiche:

  • Sozialversicherung
  • Haftung
  • Kosten der Rechts­form (Gründung, evtl. Prü­fungs­pflicht etc.)
  • Min­dest­ka­pi­tal
  • Erbrecht
  • Miet­recht

Die Wahl der rich­ti­gen Rechts­form ist daher eine komplexe Frage, die durch die Steu­er­re­form 2004/2005 neue Dynamik bekommen hat.

Bild: © Sven Hoppe — Fotolia