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BAO — Praxis: Die Nachbescheidkontrolle

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Juli 2009 

„Ergän­zungs­er­su­chen“ zu formell rechts­kräf­ti­gen Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren sind in der Praxis schon lange nichts mehr Neues und immer wieder Gegen­stand indi­vi­du­el­ler wie auch insti­tu­tio­na­li­sier­ter Fach­dis­kus­sio­nen. Hierbei beklagt der/die Abga­be­pflich­ti­ge oftmals die anschlie­ßen­de Vor­gangs­wei­se der erst­in­stanz­li­chen Behörde, ihren Bescheid gemäß § 299 BAO binnen eines Jahres ab dessen rechts­gül­ti­ger Erlas­sung auf­zu­he­ben, „wenn der Spruch sich als nicht richtig erweist“.

Sollte man als Abgabenpflichtige/r nun mit einer der­ar­ti­gen Nach­be­scheid­kon­trol­le kon­fron­tiert werden, stellt sich unwei­ger­lich die Frage nach dem Ausmaß der gebo­te­nen Mit­wir­kungs­pflicht.

Zunächst muss fest­ge­hal­ten werden, dass es den Abga­ben­be­hör­den unbe­nom­men bleibt, auch nach erfolg­ter Ver­an­la­gung das Instru­men­ta­ri­um der §§ 143 ff BAO ein­zu­set­zen, um (zusätz­li­che) Klarheit zu gewinnen, also Aus­kunfts­er­su­chen, Nach­schau­en oder gar Außen­prü­fun­gen in die Wege zu leiten. Das in den kon­kre­ten Fällen sys­te­ma­ti­sche Vorgehen mittels „Nach­be­scheid­kon­trol­le“ kann jedoch zu Recht kritisch hin­ter­fragt werden und sich auch fol­ge­rich­tig auf den Maßstab der anzu­wen­den Mit­wir­kungs­pflicht auswirken.

Die Finanz­ver­wal­tung hat nämlich gem § 161 Abs 2 BAO die Pflicht, die bei ihr ein­lan­gen­den Abga­ben­er­klä­run­gen zu prüfen und – falls nötig – durch ent­spre­chen­de Ergän­zungs­auf­trä­ge die Unvoll­stän­dig­keit der Angaben berich­tig­ten zu lassen oder durch ent­spre­chen­de Beden­ken­vor­hal­te die Abga­ben­pflich­ti­gen zur näheren Auf­klä­rung diverser Sach­ver­halts­ele­men­te auf­zu­for­dern. Dies alles hat unmit­tel­bar nach Ein­rei­chung der Abga­ben­er­klä­rung zu erfolgen und daher jeden­falls vor Her­aus­ga­be eines Abga­ben­be­schei­des.

Die Praxis zeigt jedoch, dass die ein­lan­gen­den Erklä­run­gen nur durch EDV-mäßiges „Abras­tern“ über­prüft werden und die ein­zel­fall­ge­rech­te und indi­vi­du­el­le Erfor­schung der mate­ri­el­len Wahrheit gem den §§ 114 und 115 BAO, erst lange nach for­mel­ler Rechts­kraft des Beschei­des erfolgt.

Sind aller­dings bereits erklä­rungs­kon­for­me Abga­ben­be­schei­de ergangen, so darf ein jedes Steu­er­sub­jekt – und ebenso dessen berufs­mä­ßi­ger Par­tei­en­ver­tre­ter – darauf ver­trau­en, dass diese Beschei­de (und schließ­lich auch der Eintritt ihrer for­mel­len Rechts­kraft) das Ergebnis einer abga­ben­be­hörd­li­chen Über­prü­fung der ein­ge­brach­ten Steu­er­erklä­run­gen dar­stel­len, und damit zusam­men­hän­gend ein Nicht­er­ge­hen von Ergän­zungs­auf­trä­gen und Beden­ken­vor­hal­ten eben das Ergebnis eines ord­nungs­ge­mä­ßen und voll­stän­di­gen Ermitt­lungs­ver­fah­rens bildet. Anders gewendet müssen Pflich­ti­ge und deren Ver­tre­ter nicht damit rechen, dass Ermitt­lungs­schrit­te nach­ge­holt werden, die zumutbar bereits im Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren zu setzen gewesen wären.

So wie es nun Fälle der erhöhten Mit­wir­kungs­pflicht gibt (zB bei Aus­lands­sach­ver­hal­ten) kommt im Zusam­men­hang mit Nach­be­scheid­kon­trol­len nur eine ver­min­der­te Mit­wir­kungs­pflicht zum Tragen. Denn wenn dort eine erhöhte Mit­wir­kungs­pflicht deshalb besteht, weil die Behörde nicht ord­nungs­ge­mäß ermit­teln kann, dann besteht hier eine ver­min­der­te Mit­wir­kungs­pflicht, weil die Behörde (bereits) hätte ermit­teln können und müssen.

Das Ausmaß dieser ver­min­der­ten Mit­wir­kungs­pflicht kann selbst­ver­ständ­lich nicht generell beant­wor­tet werden; es kommt immer auf den kon­kre­ten Fall und va auf das konkrete Aus­kunfts­be­geh­ren an.

Die dies­be­züg­li­chen Kri­te­ri­en sind jedoch jeden­falls in der Not­wen­dig­keit (Erfor­der­lich­keit), Ver­hält­nis­mä­ßig­keit, Erfüll­bar­keit und Zumut­bar­keit der Mit­wir­kung zu sehen. Ebenso ist die Grenze dort erreicht, wo es sich um akten­kun­di­ge Tat­sa­chen handelt. Weiters ist der/die Abgabepflichtige/r bzw deren/dessen Par­tei­en­ver­tre­ter jeden­falls nicht dazu ver­pflich­tet, der Abga­ben­be­hör­de, ein ihr möglich gewe­se­nes Ermitt­lungs­ver­fah­ren abzu­neh­men, etwa Zeu­gen­aus­sa­gen und/oder Unter­la­gen zu beschaf­fen oder gar noch­ma­lig zu übermitteln.

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