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Manage­ment-Info — Archiv

Das Unter­neh­mens­re­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­setz

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Dezember 2008 

Im Jahr 1997 trat das Unter­neh­mens­re­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­setz (URG) in Kraft (s. Manage­ment-Info 04/2004). Seitdem wurde dieses Gesetz, das Unter­neh­mern eine Hil­fe­stel­lung in der Krise bieten soll, mehrmals novel­liert. Bei einer Reor­ga­ni­sa­ti­on des Unter­neh­mens nach dem URG handelt es sich um ein gericht­li­ches Ver­fah­ren, das eine nach­hal­ti­ge Wei­ter­füh­rung nicht insol­ven­ter, aber im Bestand gefähr­de­ter Unter­neh­men ermög­li­chen soll. Für prüf­pflich­ti­ge Unter­neh­men bestehen Haf­tungs­be­stim­mun­gen im Fall eines späteren Kon­kur­ses oder Anschlusskonkurses.

Wann besteht Unternehmensreorganisationsbedarf?

Nach dem Gesetz ist Reor­ga­ni­sa­ti­ons­be­darf ins­be­son­de­re bei einer vor­aus­schau­end fest­stell­ba­ren wesent­li­chen und nach­hal­ti­gen Ver­schlech­te­rung der Eigen­mit­tel­quo­te anzu­neh­men. Die Reor­ga­ni­sa­ti­on wird defi­niert als eine nach betriebs­wirt­schaft­li­chen Grund­sät­zen durch­ge­führ­te Maßnahme zur Ver­bes­se­rung der Vermögens‑, Finanz- und Ertrags­la­ge eines im Bestand gefähr­de­ten Unter­neh­mens, die dessen nach­hal­ti­ge Wei­ter­füh­rung ermöglicht.

Das Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­ren

Im Fall eines Reor­ga­ni­sa­ti­ons­be­dar­fes kann ein Unter­neh­mer beim zustän­di­gen Gericht einen Antrag auf Ein­lei­tung des Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­rens stellen. Er hat im Zuge dieses Antrages zu erklären, dass er nicht insol­vent ist und sein Unter­neh­men einer Reor­ga­ni­sa­ti­on bedarf. Das Gericht hat in der Folge ein Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten. Binnen 60 Tagen ist vom Unter­neh­mer ein Reor­ga­ni­sa­ti­ons­plan vor­zu­le­gen, der die Maß­nah­men zur Ver­bes­se­rung der Vermögens‑, Finanz- und Ertrags­la­ge inklu­si­ve deren Erfolgs­aus­sich­ten zu ent­hal­ten hat. Der Reor­ga­ni­sa­ti­ons­plan hat sich auch mit den geplan­ten Maß­nah­men für die Arbeit­neh­mer aus­ein­an­der­zu­set­zen. Der Reor­ga­ni­sa­ti­ons­zeit­raum soll zwei Jahre nicht über­schrei­ten. Das Gericht bestellt einen Reor­ga­ni­sa­ti­ons­prü­fer, der sich über die wirt­schaft­li­che Lage des Unter­neh­mens unver­züg­lich zu infor­mie­ren hat und unter anderem fest­zu­stel­len hat, ob der Unter­neh­mer insol­vent ist. Der Reor­ga­ni­sa­ti­ons­prü­fer hat ein Gut­ach­ten über den vom Unter­neh­mer vor­ge­leg­ten Reor­ga­ni­sa­ti­ons­plan zu erstel­len und dem Gericht vor­zu­le­gen. Der Unter­neh­mer hat dem Reor­ga­ni­sa­ti­ons­prü­fer Einsicht in alle erfor­der­li­chen Unter­la­gen zu gewähren. Kommt der Reor­ga­ni­sa­ti­ons­prü­fer zum Schluss, dass der Reor­ga­ni­sa­ti­ons­plan zweck­mä­ßig ist und gute Aus­sich­ten auf dessen Ver­wirk­li­chung bestehen, so ist das Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­ren auf­zu­he­ben. Der Unter­neh­mer hat dem Reor­ga­ni­sa­ti­ons­prü­fer Auf­wan­der­satz und Ent­loh­nung zu leisten. Dafür ist vom Unter­neh­mer beim Gericht ein Kos­ten­vor­schuss zu erlegen. Das Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­ren ist ein nicht öffent­li­ches Ver­fah­ren, es erfolgen ins­be­son­de­re keine Ein­tra­gun­gen in die Insolvenzdatei.

Eigen­ka­pi­talerset­zen­de Gesellschafterleistungen

Reor­ga­ni­sa­ti­ons­maß­nah­men unter­lie­gen gemäß § 21 URG nicht dem Eigen­ka­pi­tal­ersatz­recht (Manage­ment-Info 15/2007).

Haf­tungs­be­stim­mun­gen

Das URG enthält Haf­tungs­be­stim­mun­gen für die ver­tre­tungs­be­fug­ten Organe bestimm­ter juris­ti­scher Personen, die im Fall eines Kon­kur­ses bzw. Anschluss­kon­kur­ses zur Anwen­dung kommen, sofern die ver­tre­tungs­be­fug­ten Organe des Unter­neh­mens inner­halb der letzten zwei Jahre vor dem Konkurs- oder Aus­gleichs­an­trag folgende Unter­las­sun­gen gesetzt haben:

  • trotz des Berich­tes des Abschluss­prü­fers über eine Eigen­mit­tel­quo­te von weniger als 8% und einer fiktiven Schul­den­til­gungs­dau­er von mehr als 15 Jahren wurde kein Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­ren bean­tragt bzw. fort­ge­setzt, oder 
  • die recht­zei­ti­ge Auf­stel­lung eines Jah­res­ab­schlus­ses wurde unter­las­sen oder
  • der Abschluss­prü­fer wurde nicht unver­züg­lich mit der Prüfung des Jah­res­ab­schlus­ses beauftragt.

Dasselbe gilt für ein­ge­tra­ge­ne Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten, sofern sie unter­neh­me­risch tätig sind und kein unbe­schränkt haf­ten­der Gesell­schaf­ter mit Ver­tre­tungs­be­fug­nis eine natür­li­che Person ist (zB: GmbH & Co KG). Es haften die Mit­glie­der des ver­tre­tungs­be­fug­ten Organs des unbe­schränkt haf­ten­den Gesell­schaf­ters mit Vertretungsbefugnis.

Die Haftung der Organ­wal­ter ist mit EUR 100.000,- pro Person begrenzt.

§ 25 URG normiert eine Haftung des Auf­sichts­ra­tes sowie der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, wenn diese ein Reor­ga­ni­sa­ti­ons­ver­fah­ren abge­lehnt haben und in der Folge der Konkurs oder Anschluss­kon­kurs eröffnet wurde. Auch hier besteht eine Haf­tungs­ober­gren­ze von EUR 100.000,-.

Die Haftung tritt nicht ein, wenn unver­züg­lich nach der Abschluss­prü­fung ein Gut­ach­ten eines Wirt­schafts­treu­hän­ders ein­ge­holt wurde, in dem ein Reor­ga­ni­sa­ti­ons­be­darf verneint wurde. Erstat­tet der Abschluss­prü­fer keinen weiteren Bericht über die Ver­mu­tung des Reor­ga­ni­sa­ti­ons­be­dar­fes, so tritt eine Haftung nicht ein.

Die Haftung entfällt, wenn bewiesen werden kann, dass die Insol­venz auch bei recht­zei­ti­ger Antrag­stel­lung nicht ver­mie­den hätte werden können wie auch durch den Nachweis, dass betriebs­wirt­schaft­lich sinn­vol­le außer­ge­richt­li­che Reor­ga­ni­sa­ti­ons­maß­nah­men vor­ge­nom­men wurden, selbst wenn diese erfolg­los geblie­ben sind. 

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