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Die rasche Unter­neh­mens­ana­ly­se anhand von “Chef”-Kennzahlen


Juni 2004 

Wunsch­traum eines jeden Unter­neh­mers ist es, die Ent­wick­lun­gen in seinem Unter­neh­men mit einigen wenigen, signi­fi­kan­ten Kenn­zah­len erkennen, kon­trol­lie­ren und im Fall von Fehl­ent­wick­lun­gen gegen­len­ken zu können. Dies ist freilich in der Praxis nahezu unmög­lich: Zu komplex sind die betriebs­wirt­schaft­li­chen Vorgänge, die durch Faktoren wie Größe, Wachs­tums­pha­se, Kapi­tal­struk­tur oder Branche eines Unter­neh­mens ständig beein­flusst werden. Und doch kann der gezielte Einsatz von soge­nann­ten “Chef­kenn­zah­len” zumin­dest gewisse Ent­wick­lun­gen schon im vor­hin­ein anzeigen.

Zur Gene­rie­rung solcher “Che­fin­for­ma­tio­nen” stellen die Rech­nungs­le­gungs­vor­schrif­ten des HGB nicht zuletzt durch ihre Infor­ma­ti­ons­pflicht für Gläu­bi­ger auch für den Unter­neh­mens­in­ha­ber selbst eine Daten­ba­sis bereit, die es zu ver­wer­ten gilt. Man kann also mithilfe der “Chef­kenn­zah­len” — direkt abge­lei­tet aus dem Jah­res­ab­schluss — die Unter­neh­mens­füh­rung effi­zi­en­ter gestal­ten. Solche Kenn­zah­len können ohne beson­de­re Schwie­rig­kei­ten ermit­telt werden und geben rasch Auf­schluss über die tem­po­rä­ren oder struk­tu­rel­len Stärken und Schwä­chen eines Betriebes.

Im Fol­gen­den sollen bei­spiel­haft und prägnant einige aus­ge­wähl­te Chef­kenn­zah­len aus den Berei­chen Ertrags­kraft, Finan­zie­rung und Liqui­di­tät beschrie­ben werden.

:: Chef­kenn­zah­len aus dem Bereich Ertragskraft

  Ordent­li­ches Ergebnis vor Zinsen * 100
Gesamt­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät=
  Gesamt­ka­pi­tal

Die Gesamt­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät beur­teilt den Betriebs­er­folg im Ver­hält­nis zum gesamten ein­ge­setz­ten Kapital, unab­hän­gig von dessen Herkunft und weist die Höhe des Kapi­tal­ertra­ges aus.

  Ordent­li­ches Betriebs­er­geb­nis vor Zinsen * 100
Umsatz­ren­ta­bi­li­tät=
  Umsatz­er­lö­se

Aus diesem Wert ergeben sich wichtige Infor­ma­tio­nen über die Erfolgs­ent­wick­lung, d.h. über die Ent­wick­lung von Gewinn und Umsatz bei sich ändern­der Kon­junk­tur­la­ge, wodurch beson­ders preis­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen gelenkt werden können. 

:: Chef­kenn­zah­len aus dem Bereich Finanzierung

  Eigen­ka­pi­tal * 100
Eigen­ka­pi­tal­aus­stat­tung=
  Gesamt­ka­pi­tal

Diese Kennzahl stellt den Anteil des Eigen­ka­pi­tals am Gesamt­ka­pi­tal dar. Sie liefert Angaben über das Ausmaß finan­zi­el­ler Ab- bzw. Unab­hän­gig­keit und sagt weiters aus, in welchem Maß der Unter­neh­mer selbst an der Finan­zie­rung und am Risiko seiner unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit betei­ligt ist. 

  Fremd­ka­pi­tal * 100
Schul­den­til­gungs­dau­er=
  Cash Flow

Diese Kennzahl drückt jenen Zeitraum in Jahren aus, in welchem das Fremd­ka­pi­tal durch den Cash Flow aus der ope­ra­ti­ven Tätig­keit getilgt werden könnte.

:: Chef­kenn­zah­len aus dem Bereich Liquidität

  kurz­fris­ti­ges Umlauf­ver­mö­gen + aktive Rechnungsabgrenzungen
Mobi­li­täts­grad=
  Kurz­fris­ti­ges Fremdkapital

In diesem Zusam­men­hang berech­net sich das working capital folgendermaßen:

  Umlauf­ver­mö­gen (ohne lang­fris­tig gebun­de­nes Umlaufvermögen)
working capital= plus aktive Rechnungsabgrenzung
  abzüg­lich kurz­fris­ti­ges Fremdkapital

Aus der Ent­wick­lung des Mobi­li­täts­gra­des (working capital ratio) bzw. dem working capital können gute Schlüsse über die Auf­recht­erhal­tung des grund­sätz­li­chen finan­zi­el­len Gleich­ge­wich­tes gezogen werden. Das working capital steht zur Deckung der Bar­auf­wen­dun­gen zur Ver­fü­gung, die durch die Geschäfts­tä­tig­keit bedingt sind. 

Beim Umgang mit diesen Kenn­zah­len dürfen abschlie­ßend folgende Aspekte nicht über­se­hen werden:

All diese Werte werden als Indi­ka­to­ren für bestimm­te Ten­den­zen noch aus­sa­ge­kräf­ti­ger, wenn sie über Perioden mit­ein­an­der ver­gli­chen werden können. Nur ein lang­fris­ti­ger Ver­gleich lässt Zusam­men­hän­ge oder Fehl­ent­wick­lun­gen ursäch­lich erkennen. Optimal wäre ein externer Ver­gleich mit einem bran­chen­ver­wand­ten Unternehmen.

Zum anderen sind Daten aus solchen Formeln umso rea­li­täts­nä­her und damit ver­läss­li­cher, je zeit­na­her sie aus dem Rech­nungs­we­sen abge­lei­tet werden. Und letzt­lich steht und fällt alles mit der rich­ti­gen, “ehr­li­chen” Bewer­tung (stille Reserven, stille Lasten und Laden­hü­ter vor­han­den?) Ein erfah­re­ner Steu­er­be­ra­ter ist also der ideale Lie­fe­rant und Deuter von Chef­kenn­zah­len, die dem Unter­neh­mer helfen können, den Über­blick über die betriebs­wirt­schaft­li­chen Vorgänge in seinem Unter­neh­men zu behalten.

Bild: © B. Wylezich — Fotolia